Berggut Oschatz
Das Berggut Rosenthal in Altoschatz geht in seiner Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurück. Das dreistöckige Gebäude mit seinem weitläufigen Grundstück ist das letzte unverbaute „Herrenhaus“ der einst großen, offenen, regelmäßigen Rechteckanlage. Das für die Stadtgeschichte wichtige Gebäude stand schon zum Verkaufszeitpunkt 2011 unter Denkmalschutz. Pfahl entschied sich dazu, sich diesem Erbe anzunehmen, und ersteigerte das Grundstück. Seither bringt er es schrittweise in einen nutzbaren Zustand – mit dem Ziel, den Ort kulturell auszubauen und künstlerisch-experimentelle Strukturen zu schaffen, wo sie nur sehr sporadisch vorhanden sind, namentlich dem ländlichen Raum in Sachsen.
Burkhard Beschow kam auf Einladung Pfahls im Sommer 2018 auf das Berggut. Beschow konnte sich für die Location und das Gefühl der seltsamen Fremdheit an diesem Ort begeistern. Mit dem Ziel, zeitgenössisches Kunstgeschehen herzubringen, entschieden sich beide dafür, im Sommer 2019 den Raum für eine erste künstlerische Intervention zu öffnen. Burkhard Beschow übernahm 2021/2022 den kuratorischen Part. Seit letztem Jahr wird das Team um den in Leipzig lebenden Künstler Pfahl um die Kunst- und Medienwissenschaftlerin Laura Bierau ergänzt.
Website des Berggutes Oschatz: www.berggut.in
Rahel Pötsch: pink to paper to yellow or green
Dauer der Ausstellung 27.08. – 02.10.2022
Besichtigung vom 27.08. – 28.08.2022 ganztägig, danach auf Absprache
Die Künstlerin Rahel Pötsch zeigt eine Videoinstallation mit Live-Performance als prozessorientierte Installation im Innen- und Außenraum des Bergguts Oschatz. Die Künstlerin fotografierte und filmte über mehrere Wochen in ihrem Atelier innerhalb einer sich weiterentwickelnden Kulisse aus Papier und Spiegelflächen, auf denen sie in einer kontrastreichen, abstrakten Formensprache arbeitete. Die Spiegel, die gegenüberliegende Wand und der Raum dazwischen lassen eine Bühne für verschiedene malerische Ereignisse entstehen. Sich ständig verändernde Farbkompositionen erstrecken sich über den Raum auf beweglich arrangierte Kartonagen und den weiblichen Körper. Die Anordnungen sind provisorisch und werden bis zu ihrer Erschöpfung übermalt. Die Künstlerin begleitet den Prozess mit der Kamera aus verschiedenen Perspektiven. Die Grenzen zwischen Bild- und Arbeitsraum werden zunehmend aufgelöst, was auch durch die stilisierten Mal-Bewegungen der Performerinnen verstärkt wird. Anstelle eines permanenten Ergebnisses steht das Erleben des Prozesses im Vordergrund. Der Außenraum des Bergguts kann – wie das Atelier der Künstlerin – als Set verstanden werden. Im Gegensatz dazu lässt sie sich hierbei auf einen nicht revidierbaren und unwiederbringlichen Ablauf in Echtzeit ein. Die Erweiterung des Ateliers nach außen knüpft an ein längeres Beschäftigungsfeld der Künstlerin an. So wird der reale Raum zum Bildraum und die Malerei zum Kommunikationsmittel zwischen Umwelt, Körper und verwendetem Material
2024
2022
2023
Marthe Lallemand: Lallemand-e | die Deutsche (Akt 1: dedecus, decor)
Dauer der Ausstellung 22.06.23 – 23.07.2023
Besichtigung vom 23.06. – 25.06.2023 ganztägig, danach auf Absprache
2021
Peggy Pehl: a provincial life
Dauer der Ausstellung: 20.06. – Aug 2021
Peggy Pehl am 11. September, 2021, 13 Uhr
Gerade ging meine Ausstellung „A Provincial Life“ im Berggut Oschatz zu Ende. Es war niemand da, keine Gäste, nur ich, das Haus und die fetten Schafe im Garten. In der Ferne fuhr „der wilde Robert“ in seinen regelmäßigen Abständen vorbei. Der Dampf der Lokomotive hing jedesmal noch lange in den grünen Baumwipfeln und ein Geruch nach Kohle stand in der Luft. Laut Vorhersage sollte es regnen, aber die Sonne strahlte. Der Wein in den Gläsern, den ich vor drei Monaten eingeschenkt hatte, war zu einem dicken Schnaps geworden, wie dunkles Blut. Am Boden der Gläser hatten sich Zuckerkristalle abgesetzt. Spinnen hingen in den Vorhängen. Ich bekam Kopfschmerzen, wahrscheinlich weil ich kein Wasser getrunken hatte, oder weil es von draußen immer noch nach Kohle roch. Auf dem Weg nach Oschatz hatte ich am Bahnhof L. “Undine” von Friedrich de la Motte Fouqué gekauft. Ich wollte als Abschluss für mich selbst ein Gedicht am Fenster des Saals lesen, hatte das Gedicht aber nach mehrmaligem Lesen unpassend gefunden, weil die Formulierung 'schöne deutsche Mädchen' vorkam. Darum ging es mir nicht, obwohl das Gedicht ansonsten sehr schön war. Um 16 Uhr fahre ich mit der ganzen Ausstellung im Rollkoffer zurück in die Großstadt.
Die französische Künstlerin Marthe Lallemand befindet sich am Anfang eines biografisch geprägten Kunstprojekts mit historischen Bezügen nach Nordsachsen. Das Berggut Oschatz lädt sie ein, ihre dazu entstandenen Arbeiten erstmalig in Form einer ortsspezifischen mixed-media Rauminstallation auszustellen. Die Vernissage findet im Rahmen der nichtkommerziellen Ausstellungsreihe “Horse with No Name” (Die Kunstroute im ländlichen Sachsen) statt. Im Anschluss wird Marthe Lallemand ihre Recherche im Dokumentationszentrum „Elsterhorst“ vertiefen und das Berggut dabei als Referenzort für die künstlerische Verarbeitung nutzen. Zum Abschluss ihrer einmonatigen Recherchezeit wird Marthe Lallemand in einem öffentlichen Künstlergespräch über ihre bisherigen Ergebnisse berichten.
Ausgangspunkt ist die Geschichte von Marthe Lallemands Großvater, der 1940, mit 22 Jahren, als junger Offizier in der Schlacht von Sedan von Deutschen gefangen genommen und inhaftiert wurde. Er blieb fünf Jahre im Lager OFLAG IV D in der Nähe von Elsterheide/Hoyerswerda. Seine Erinnerungen an die Zeit der Gefangenschaft und die Erlebnisse in Sachsen hielt er notizenhaft auf einem Blatt Papier fest, mit Stationen in Hoyerswerda, Senftenberg, Riesa, Zeithain und Colditz. Fast 80 Jahre später, nachdem sie ihr Meisterschülerstudium an der HGB bereits begonnen hatte, erfuhr Marthe Lallemand erstmals von diesen Notizen und ihrer familiären Verbindung nach Sachsen. Eine Entdeckung, der sie nun künstlerisch nachspürt.
Das Projekt dient einerseits der Unterstützung der künstlerischen Recherche und Werksproduktion. Andererseits ist es ein Angebot an die Menschen in Oschatz und der Region (Nordsachsen), über die künstlerische Perspektive und die damit verbundene persönliche Geschichte der Künstlerin die eigene regionale Geschichte zu reflektieren und damit auch die historische Kontinuität eines gemeinsamen Miteinanders zwischen Frankreich und Deutschland. Der zeitgenössische, spielerische und feministische Blickwinkel der Künstlerin lädt zum offenen Diskurs ein, ohne Schuldzuweisungen oder Stereotype. Der Projekttitel „Lallemand-e“ meint nicht nur den Familiennamen, sondern ist gleichsam ein Wortspiel mit der ins Weibliche gegenderten Form - und bedeutet „die Deutsche“.
Marthe Lallemand BIOGRAFIE:
seit 2022: Meisterschülerin bei Prof. Kerstin Drechsel an der Hochschule für Buchkunst und Grafik in Leipzig (HGB)
2012 - 2017: Master Abschluss aus der Kunst Institut in Toulouse (Fr)
2010-2011: Studium im möbeltischlerei in Neufchâteau (Fr)
2008-2010: Studium Theater, montpellier Paul-Valery III Universität (Fr)
2005-2007: Bachelor im Kunsthandwerk Schule, Quimper (BZh)
Sebastian Jung: Die Zaubernden von Oszt
Eröffnung: 17. August 2024 ab 17 Uhr
Dauer der Ausstellung 18.08.24 – 22.09.2024
„Der Traum ist aus. Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird“, sangen Ton Steine Scherben in den 70ern im Westen. Im Osten dann die Wende: Der Traum vom real existierenden Sozialismus war aus. Der erhoffte Traum vom endlosen Glück ist, über 30 Jahre nach der Wende, nicht selten geplatzt. Real gelebte Träume sehen sich bedroht. Andere fühlen sich „... verarscht“.
Sebastian Jung befragt als gerade noch in der DDR Geborener die Idee des Glücks. In seiner Installation Die Zaubernden von Oszt untersucht er den Krempel, kulturell, emotional und materiell, den unsere Lebensart hinterlässt. In uns emotional, aber auch den Haufen an Zeug, den wir hinterlassen. Ausgangspunkt seiner Recherchen sind Besuche in Oschatz: Gespräche beim Bäcker, im „Im Angebot“ oder beim Volksfest auf dem Markt sowie ein Kinder märchen, das ihm seine Mama vorlas: Der Zauberer der Smaragdenstadt von Alexander Wolkow. Jahre später entpuppte es sich für ihn als russische Neu dichtung des Zauberers von Oz aus den USA.
In seiner Intervention im und um das Berggut Oschatz sucht Sebastian Jung nach einer zeitgenössischen Sprache der Kunst, die Emotionen ernst nimmt, ohne die eigene Haltung zu verbergen. Er sucht nach einem Traum, der nicht verpflichtet ist, Wirklichkeit zu werden.
Sebastian Jung, geboren 1987 in Jena, studierte Kunst und Gestaltung an der BauhausUniversität in Weimar. Er arbeitet mit Zeichnung, Malerei und Skulptur, gestaltet Publikationen und initiiert als Künstler inter disziplinäre Projekte in Zusammenarbeit mit Ver treter:innen aus Politik, Populärkultur, Literatur und Wissenschaft.
Berggut Oschatz
Am Berggut 3
04758 Oschatz, Altoschatz
es kann gezeltet werden (bitte anmelden)
wir@berggut.in
www.berggut.in/oschatz